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Solidarität und Effizienz

Die Chance von Flexibilität und Marktmechanismen innerhalb des EU Effort Sharing

April 2015 - Im Oktober 2014 entschied der europäische Rat über Grundzüge und quantitative Eckpfeiler der Klimapolitik von 2020 bis 2030, vgl. CMR 4/2014. Die Minderungen in den Sektoren außerhalb des Emissionshandels sollen dabei, wie bereits in der Periode 2013-2020, im Wesentlichen nach einer „BIP pro Kopf“-Formel auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Eine solche Verteilung führt natürlich nicht zugleich zu einer kosteneffizienten Aufteilung der Minderungen. Denn gerade in ärmeren Ländern gibt es erhebliche, kostengünstige Potenziale - während in reicheren Mitgliedstaaten wie Dänemark oder Luxemburg viele Minderungsmaßnahmen vor allem im Effizienzbereich bereits ergriffen wurden, so dass die übrigen Potenziale teurer zu realisieren sind, als etwa vergleichbare Minderungen in Rumänien oder Bulgarien. Dies zeigt auch die Potenzialanalyse im Impact Assessment der EU Kommission, in dem eine kosteneffiziente Verteilung von Minderungen berechnet wurde, die entsprechend zu höheren Minderungen in ärmeren Staaten führen würde, als die Verteilung nach BIP.

Ein Signal der Solidarität

Gerade den wenig wohlhabenden europäischen Staaten besonders hohe Minderungspflichten aufzubürden, wäre politisch nicht denkbar gewesen. Bereits die Minderungen, die sie nun zu erbringen haben, bedürfen zumeist erheblicher Anstrengungen. Von den Reicheren mehr zu verlangen, und zwar zusätzlich zu weiteren Solidaritätsmechanismen im Gesamtpaket, war daher ein nicht nur alternativloses, sondern auch richtiges Signal.

Mittel und Potenziale zusammenbringen

Dennoch: es wäre unbefriedigend, nun lediglich mit hohen Investitionen vergleichsweise effiziente Systeme in reicheren Mitgliedstaaten wie etwa Dänemark oder Deutschland noch effizienter zu machen, und zugleich in ärmeren Staaten wie Rumänien weniger auszugeben - und so die Effizienz-Schere weiter zu öffnen, und es allein der Strukturförderung zu überlassen, sie wieder zu schließen. Ein intelligentes Design von Flexibilitäten kann hier Abhilfe schaffen.

Bisher, also in der Periode 2013-2020, sind als Flexibilitäten möglich:

  1. banking und borrowing zwischen einzelnen Jahren in gewissem Umfang,
  2. begrenzte Nutzung von internationalen Zertifikaten (CER/ERU) sowie
  3. bilateraler Transfer von AEAs, den Emissionsrechten unter der Effort Sharing Decision (ESD).

Projektbasierte Mechanismen fehlten in dieser Liste. Inner-EU Projektmechanismen sind 2013-2020 allenfalls auf rein nationaler Ebene möglich. Projektbasierte Mechanismen innerhalb der EU sind zwar grundsätzlich in der ETS-Richtlinie angelegt (Art. 24a), sowie nach ESD theoretisch auch für den ESD- Bereich nutzbar - aber diese Möglichkeit wurde nie operationalisiert, stand also real nicht zur Verfügung. Bisher wurden auch die vorhandenen Möglichkeiten zum Austausch von AEAs nicht genutzt, zumal gerade in den ersten Jahren der Periode alle Mitgliedstaaten gut ausgestattet sind. In der Periode 2021­ 2030 wird es hingegen voraussichtlich in allen Ländern echter Anstrengungen bedürfen, die Ziele zu erfüllen. Flexibilität wird dann wirtschaftlich interessant.

Die große Chance dabei ist, Klimaschutz zum Einen günstiger zu machen, und zum Anderen Klimaschutzinvestitionen zu nutzen, um an der großen Erfolgsgeschichte der EU weiter zu schreiben: der Angleichung des Wohlstands. Mit Geld, know-how und Technik müssen die günstigen Potenziale erschlossen werden. Das bringt Investitionen und Innovation in wirtschaftlich schwächere Regionen - und schafft zugleich Investitionschancen und Märkte für Firmen auch aus den bereits effizienteren Mitgliedstaaten. Klimaschutz kann so wieder verstärkt als business opportunity gesehen werden - und als Werkzeug der konkreten Unterstützung, inklusive direkter positiver Wirkungen für die Menschen vor Ort. Wärmere Wohnungen, Sicherung von Arbeitsplätzen und Stärkung der regionalen Wirtschaftstätigkeit lassen Solidarität in der EU erfahrbar werden. Und in der Folge wird, vielleicht, das Image von Klimaschutzpolitik gerade dort besser, wo dies noch besonders dringend nötig ist.

Was ist zu tun?

Es steht an, die Flexibilitätsmechanismen so zu konzipieren, dass sie diese Versprechen erfüllen können. Deutschland und andere forderten bereits im Vorfeld des Oktober-Rates eine Verbesserung der Flexibilität, zum Beispiel durch eine Handelsplattform oder Projektmechanismen. Inzwischen gibt es auch Stimmen in den Mitgliedstaaten, die zur Förderung der Liquidität im Markt die jährliche Versteigerung einer gewissen Menge AEAs vorschlagen - oder sogar bereits von der Notwendigkeit eines funktionierenden ESD- Markts sprechen. Auch wenn konkrete Regeln noch nicht diskutiert werden, gibt es einen breiten Konsens dazu, Flexibilität und Marktelemente/Marktmechanismen in die ESD zu holen.
Vorschläge für ein stimmiges Design der Flexibilitäts- Mechanismen werden einige Zeit benötigen. Wichtig ist, dass sie folgende Bedingungen erfüllen:

  • Transparenz und Integrität: Flexibilität darf nicht Aushöhlung von Ambition bedeuten. D.h. jede Regelung muss Doppelzählung sicher verhindern. Es darf auch nicht versucht werden, unter dem Deckmantel „Flexibilität“ heiße Luft ins System zu holen.
  • Gute Handhabbarkeit, breiter Zugang, Beteiligung des Privatsektors: Flexibilität, die allein auf bilateralen Verträgen zwischen Staaten beruht, ist voraussichtlich zu schwerfällig. Die Erfahrungen des CDM haben das Potenzial des Privatsektors gezeigt, Klimaschutz zum Geschäftsfeld zu machen. Das kann sich innereuropäisch wiederholen. Hierzu bedarf es projektbasierter Mechanismen. Die Politik muss hier den geeigneten Rahmen schaffen, damit auch der Privatsektor seine Möglichkeiten entfaltet.
  • Staatliche Kontrolle, kein Rosinenpicken der Privaten zu Ungunsten der Staaten: So wichtig die Rolle des Privatsektors ist - so wichtig ist zugleich die staatliche Kontrolle. Da alle Mitgliedstaaten deutliche eigene Anstrengungen machen müssen, muss im Falle von Projektmechanismen sichergestellt sein, dass jeder Mitgliedstaat Rosinenpickerei verhindern kann. Jeder Mitgliedstaat muss entscheiden können, welche Bereiche er dem Privatsektor überlassen, also welche Projekte er für Projektmechanismen zulassen möchte. Ein Staat muss sicher verhindern können, dass Private die billigen Potenziale ins Ausland verkaufen, während die teureren Potenziale mit staatlichen Programmen gehoben werden müssen.
  • Sichtbarkeit: Um auch die ideelle Dividende einzufahren, muss der Nutzen, den der Klimaschutz gerade über die Flexibilität für Firmen, Privatpersonen und Staaten entfaltet, sichtbar gemacht werden.

Damit sind noch viele technische Fragen offen. So muss beispielsweise geklärt werden, wieviel zentrale Aufsicht über Registerfragen hinaus notwendig ist. Deutlich ist aber der Rahmen, den die notwendigen Regelungen abstecken und ausfüllen sollten.
Die Diskussionen zur Umsetzung beginnen jetzt. In absehbarer Zeit wird man in der EU Kommission das Impact Assessment für die Regelungen im non-ETS in Auftrag geben.

Konkrete Vorschläge sind dann bis Anfang 2016 zu erwarten. Das heißt, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, konkrete Ideen zu entwickeln und in die Diskussion einzuspeisen. CMR wird auch weiter dazu berichten.

von Silke Karcher, BMUB

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht in Carbon Mechanisms Review 1-2015

 

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